Ärzte Zeitung, 27.06.2003
Cabernet-Sauvignon- und Tannat-Weine schützen das Herz am besten
Von Philipp Grätzel von Grätz
“Der Wein, den wir hier trinken, ist der gesündeste Wein der Welt.” Dr. Roger Corder ist sich seiner Sache ziemlich sicher. Wäre es anders, hätten wir uns wohl auch nicht ausgerechnet hier getroffen. Die “Bar Gascon” liegt am Rande des Londoner Bankenviertels City of London. Nebenan ist das William Harvey-Institut für Kreislaufforschung. Dort arbeitet Corder, und dort hat er vor anderthalb Jahren eines jener seltenen Experimente gemacht, die der Traum eines jeden Forschers sind – einfach, elegant und mit wunderbar klarem Ergebnis. 28 Weine hatte er damals eingekauft. 28 Weine für 28 Petrischalen, in denen er zuvor Blutgefäßzellen von Rindern angezüchtet hatte. Was ihn interessierte, war das von den Endothelzellen produzierte Hormon Endothelin, der stärkste bekannte Gefäßverenger im Organismus. Nicht jeder Rotwein schützt die Herzkranzgefäße Daß ein bestimmter Bestandteil von Rotwein, die Polyphenole, bremsend auf die Produktion von Endothelin wirken können, war damals schon bekannt. Die Fragen lauteten: Haben alle Polyphenole diese Wirkung? Und: Schützt Rotwein deswegen die Blutgefäße? Corders Experiment war nicht nur elegant, sondern es hatte auch noch einen eindeutigen Sieger, der die Endothelinsynthese stärker hemmte als alle anderen: Er steht vor uns auf dem Tresen der “Bar Gascon”, ein Madiran “Cuvée Charles de Batz”, hergestellt aus Tannat-Trauben und angebaut in der südwestfranzösischen Weinregion Gascogne. Er ist dunkel und sehr, sehr trocken, ein Wein, zu dem man sich Brot oder ein Glas Wasser wünscht. Auch die Cabernets haben in Corders Experiment gut abgeschnitten. Kalifornische Weine landeten im Mittelfeld, Australier bildeten zusammen mit weißen und Rosé-Weinen die Schlußlichter im Wettstreit um die beste Endothelinblockade. Traubenschalen und Kerne müssen bis zum Schluß mitgären “Die Tannat-Traube ist der Cabernet-Sauvignon verwandt, doch viel reicher an Polyphenolen”, sagt Corder. Das schlechte Abschneiden der hellen Weine hatte Corder erwartet: Polyphenolhaltig sind vor allem die Haut und die Kerne der Trauben, die nur beim Rotwein bis zum Schluß mitfermentiert werden. Die krassen Unterschiede zwischen den einzelnen Rotweinen aber waren es, die ihn damals elektrisierten. In den anderthalb Jahren, die vergangen sind, seit Corder seine Ergebnisse in der Zeitschrift “Nature” präsentierte, hat er versucht, diesen Rohdaten ein System zu geben. Er hat mit dutzenden Winzern auf der ganzen Welt gesprochen und sich erklären lassen, wie sie ihren Rotwein herstellen. Und er hatte dabei immer die widersprüchlichen Studien aus der Kreislaufmedizin im Kopf, die dem Glas Rotwein am Abend mal eine lebensverlängernde Wirkung zusprechen und dann wieder keinen Unterschied finden zwischen Rotwein, Weißwein und Bier. “Die Trauben sind wichtig, aber genauso die Verarbeitung der Trauben. Die Weine, die bei uns schlecht abgeschnitten haben, hatten meist nur Gärzeiten von vier bis fünf Tagen. In den traditionellen Weinregionen Frankreichs, und insbesondere bei den Weinen, die die Endothelinsynthese am stärksten blockieren, betragen sie aber bis zu drei Wochen”. Neun bis zehn Tage sollten es sein, schätzt Corder, um die Polyphenole, auf die es ankommt, aus den Kernen heraus zu bekommen. Corders Erklärung für das French paradox – Menschen in Südfrankreich erkranken seltener an KHK als Menschen in anderen Industrienationen, obwohl sie sich üppiger und fettreicher ernähren – bemüht also eine Mischung aus Auswahl der Trauben und Fermentierungstechnik. Nicht Rotweine oder Polyphenole an sich schützen demnach vor Herz-Kreislauferkrankungen, sondern jene Polyphenole, die aus Trauben wie Tannat oder Cabernet Sauvignon nach längerer Gärung freigesetzt werden. Die optimale Kombination beider Faktoren finde man in Südwestfrankreich, genau in jenen Regionen, wo das French paradox ursprünglich beschrieben wurde.
Weil er von seiner Hypothese überzeugt ist, ist Corder extrem skeptisch, wenn er Kollegen zuhört, die sagen, ein Glas Wein am Abend sei gesundheitsfördernd. “Das Schlimmste wäre, wenn unsere Patienten denken ‘Rotwein ist ja gesund’ und dann irgendwelche roten Weine trinken, die zwar den schädlichen Alkohol, aber keine schützenden Polyphenole enthalten”. Corders Lösung sieht anders aus: Er will noch genauer herausarbeiten, welche Polyphenole in Weinen so günstig auf Blutgefäße wirken. Vielleicht, so seine Hoffnung, könnte man daraus dann Nahrungsergänzungsstoffe herstellen und damit auf den lästigen Alkohol ganz verzichten.
Gesundheitsfördernde Verbindungen
Länger leben mit dem »richtigen« Rotwein. Weine weisen je nach Herkunft unterschiedlich hohe Anteile gesundheitsfördernder Verbindungen auf. Wie britische Forscher berichten, schwankt die Konzentration der Polyphenole im Wein von Anbaugebiet zu Anbaugebiet. Frühere Studien hatten bereits vor allem Rotwein bei mäßigem Konsum eine Wirkung bei der Vorbeugung von Herzerkrankungen und Durchblutungsstörungen zugeschrieben. Am höchsten ist der Anteil von Polyphenole in Weinen aus dem südwestfranzösischen Département Gers und aus der Provinz Nuoro auf der italienischen Insel Sardinien. Beide Gegenden sind laut dem Bericht für die Langlebigkeit ihrer Bewohner bekannt. In ihrem Test hätten die Forscher endotheliale Zellen benutzt, die in Arterien zu finden sind, schreibt Robert Corder vom Queen Mary’s William Harvey Research Institute in London. Sie fanden dabei die am stärksten aktive Gruppe aus der Polyphenol-Familie, die Procyanidine. In Weinen aus dem Gers und von Sardinien war deren Konzentration teilweise zwischen fünf- und zehnmal höher als in Tropfen aus Anbaugebieten in Australien, Südafrika oder den USA. Das Geheimnis beider Weine liegt laut dem Bericht möglicherweise in ihrer traditionellen Anbau- und Verarbeitungsweise. Diese führe dazu, dass die Procyanidine im größtmöglichen Maße im Rebsaft erhalten blieben, erklärte Corder. Im Département Gers werde für den dortigen Wein zudem fast ausschließlich die eher seltene Tannat-Rebsorte benutzt, die einen hohen Anteil des Stoffes enthalte. „Dies könnte die starke Verbindung zwischen dem Konsum von Tannin-Weinen mit generell guter Gesundheit erklären, die in einer längeren Lebenserwartung zum Ausdruck kommt.“
Traditioneller Rotwein schützt vor hohem Blutdruck
Tannat-Trauben enthalten mehr Procyanidine. Traditionell gekelterter französischer Rotwein senkt den Blutdruck sehr effektiv und beugt damit der Arterienverkalkung vor. Das berichten Forscher um Roger Corder von der Queen Mary Universität in London im Journal “Nature”. Ursache des Effekts sind die so genannten Polyphenole zurück. Zu diesen Substanzen gehören unter anderem Gerb- und Farbstoffe, die auch zum Geschmack des Weins beitragen. Die britischen Forscher haben nun jene Polyphenole identifiziert, die für den Schutz der Arterien verantwortlich sind. Es handle sich dabei um so genannte Procyanidine, die bis zu 50 Prozent aller im Wein enthaltenen Polyphenole ausmachen. Die Forscher wiesen in Laborversuchen nach, dass die Procyanidine die Herstellung eines gefäßverengenden Eiweißes Endothelin-1 unterdrücken. Die genaue Wirkweise der Substanzen im Körper müsse nun im Detail untersucht werden. Corder errechnete aber, dass pro Tag ein Viertelliter eines Weins mit viel Procyanidin bereits den Blutdruck senke. Hoher Blutdruck schädigt die Innenwand der Arterien ist einer der Risikofaktoren für Arterienverkaltung.
Es stellte sich heraus, dass Weine aus zwei kleinen Regionen in Südwestfrankreich und in Sardinien bis zu vier Mal mehr Procyanidine enthielten als andere, heißt es in “Nature”. Tatsächlich waren dies auch jene Regionen, in denen die Menschen auffallend alt wurden, berichten die Forscher weiter. Besonders viele Procyanidine sind in Traubenkernen enthalten. Bei der traditionellen Weinherstellung, wie sie in diesen beiden Regionen gepflegt wird, würden die Trauben zusammen mit den Kernen und den Schalen für drei bis vier Wochen vergoren, erklärt Corder. Das ließe genug Zeit für eine vollständige Extraktion der Procyanidine. Moderne Weine hingegen vergärten höchstens eine Woche, wobei der Traubenschale vor allem die Farbe entzogen werde. Außerdem sei die in Südfrankreich vorrangig verwendete Traube mit dem Namen Tannat sehr reich an diesen gesundheitsfördernden Substanzen. Die traditionelle Weinherstellung sei aufwendiger und teurer als moderne Verfahren und daher heute wenig verbreitet, ergänzte Corder.
Original verfügbar unter: https://www.manager-magazin.de/lifestyle/fitness/a-451313.html
- Dezember 2006
Rotwein tut gut
Französischer Rotwein senkt den Blutdruck und beugt damit der Arterienverkalkung vor. Das funktioniert allerdings nicht bei allen Weinen roter Farbe, es muss schon traditionell gekelterter Wein aus ganz bestimmten Regionen sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine Gruppe von Forschern der Queen Mary Universität in London.
London – Traditionell gekelterter französischer Rotwein senkt den Blutdruck sehr effektiv und beugt damit der Arterienverkalkung vor. Das berichtet eine Gruppe um Roger Corder von der Queen Mary Universität in London im Journal “Nature” (Band 444, Seite 566).
Rotwein: Kann bei Bluthochdruck helfen
Die Wissenschaftler führen den Effekt, dass traditionell gekelterter französischer Rotwein den Blutdruck senkt, auf die so genannten Polyphenole zurück. Zu diesen Substanzen gehören unter anderem Gerb- und Farbstoffe, die auch zum Geschmack des Weins beitragen. Die britischen Forscher haben nun jene Polyphenole identifiziert, die für den Schutz der Arterien verantwortlich sind. Es handle sich dabei um so genannte Procyanidine, die bis zu 50 Prozent aller im Wein enthaltenen Polyphenole ausmachen.
Die Forscher wiesen in Laborversuchen nach, dass die Procyanidine die Herstellung eines gefäßverengenden Eiweißes, des Endothelin-1, unterdrücken. Die genaue Wirkweise der Substanzen im Körper müsse nun im Detail untersucht werden. Corder errechnete aber, dass pro Tag ein Viertelliter eines Weins mit viel Procyanidin bereits den Blutdruck senke. Hoher Blutdruck schädigt die Innenwand der Arterien ist einer der Risikofaktoren für Arterienverkaltung.
Im nächsten Schritt prüften Corder und seine Kollegen, ob der Wein seine schützende Wirkung auch außerhalb des Labors entfaltet. Dazu verglichen sie die Procyanidin-Konzentration verschiedener Weinsorten mit dem Lebensalter der Menschen in der Ursprungsregion dieser Weine.
Dabei stellte sich heraus, dass Weine aus zwei kleinen Regionen in Südwestfrankreich und in Sardinien bis zu vier Mal mehr Procyanidine enthielten als andere, heißt es in “Nature”. Tatsächlich waren dies auch jene Regionen, in denen die Menschen auffallend alt wurden, berichten die Forscher weiter.
Besonders viele Procyanidine sind in Traubenkernen enthalten. Bei der traditionellen Weinherstellung, wie sie in diesen beiden Regionen gepflegt wird, würden die Trauben zusammen mit den Kernen und den Schalen für drei bis vier Wochen vergoren, erklärt Corder. Das ließe genug Zeit für eine vollständige Extraktion der Procyanidine. Moderne Weine hingegen vergärten höchstens eine Woche, wobei der Traubenschale vor allem die Farbe entzogen werde.
Zudem sei die in Südfrankreich vorrangig verwendete Traube mit dem Namen Tannat sehr reich an diesen gesundheitsfördernden Substanzen. Die traditionelle Weinherstellung sei aufwendiger und teurer als moderne Verfahren und daher heute wenig verbreitet, ergänzte Corder.
Nummer: 12-2003, Ausgabe D. Seite 10
Wein & Gesundheit: Herzensangelegenheit
Wenn ein Wein gut für Herz und Kreislauf sein soll, dann sind Gärzeit und Weinbereitung ebenso wichtig wie die Traube. Das beweist eine neue Studie. «Der Wein, den wir hier trinken, ist der gesündeste der Welt.» Dr. Roger Corder ist sich seiner Sache sicher. Er sitzt in der Londoner Weinbar «Gascon» nahe dem William-Harvey-Institut für Kreislaufforschung. Dort arbeiteten er und sein Team an einem Experiment, das erstmals die Wechselwirkung der Rebsorte und deren Vinifizierung auf das Gefässsystem untersuchte. Das Ergebnis liegt vor ihm auf dem Tisch, es könnte die Lösung sein für das French Paradox (siehe Kasten). Roger Corder und seine Kollegen haben 28 Weiss-, Rot und Roséweine entkorkt und etwas davon in kleine Glasschalen gegossen. Der Alkohol wurde davor durch Erwärmung entfernt. In die 28 Schalen legten sie dann Blutgefässzellen. Die stammen von Rindern, doch bei den Gefässen sind die Unterschiede zum Menschen gering. Das Team interessierte ein Hormon namens Endothelin, das die Blutgefässe stark verengt und dadurch den Blutdruck steigen lässt. «Dies ist entscheidend bei der Gefässverkalkung», sagt Corder. Sein Experiment überraschte mit einem eindeutigen Sieger: die Madiran Cuvée Charles de Batz, hergestellt aus Tannat-Trauben und angebaut in der südwestfranzösischen Weinregion Gascogne. Sie ist dunkel und voller Tannin. Ein Wein, zu dem man sich ein Glas Wasser wünscht. Stark wie kein anderer, hemmte er die Endothelinsynthese. Damit zeigt die Studie: Nicht Rotwein an sich schützt vor Herzerkrankungen, sondern Inhaltsstoffe, die bei Trauben wie Tannat oder Cabernet Sauvignon nach längerer Gärung freigesetzt werden. Die optimale Kombination der Faktoren Traube und Weinbereitung finde man in Südwestfrankreich, in jenen Regionen, wo das French Paradox beschrieben wurde. Corder hat mit Dutzenden Winzern gesprochen: «Die ungesündesten Weine hatten Gärzeiten von vier bis fünf Tagen. In Südfrankreich, bei den Weinen, die die Endothelinsynthese blockierten, betrugen sie bis zu drei Wochen.» Die spannendste Frage ist allerdings: Wie kann der Verbraucher gesunden Wein erkennen? Corder ist vorsichtig: «Am ehesten sind es schwere, gerbsäurehaltige Weine, dunkle Rote, zu denen man unbedingt etwas zu essen braucht.»
Original: https://doktorwein.at/downloads/wissenschaft/Nature.pdf
Red wine procyanidins and vascular health
- Corder, W. Mullen, N. Q. Khan, S. C. Marks, E. G. Wood, M. J. Carrier & A. Crozier
Nature volume 444, page 566 (2006) https://www.nature.com/articles/444566a
Abstract: Regular, moderate consumption of red wine is linked to a reduced risk of coronary heart disease and to lower overall mortality1, but the relative contribution of wine’s alcohol and polyphenol components to these effects is unclear2. Here we identify procyanidins as the principal vasoactive polyphenols in red wine and show that they are present at higher concentrations in wines from areas of southwestern France and Sardinia, where traditional production methods ensure that these compounds are efficiently extracted during vinification. These regions also happen to be associated with increased longevity in the population.
Published: 20 December 2001
Endothelin-1 synthesis reduced by red wine
Roger Corder, Julie A. Douthwaite, Delphine M. Lees, Noorafza Q. Khan, Ana Carolina Viseu dos Santos, Elizabeth G. Wood & Martin J. Carrier
Nature volume 414, pages63–864 (2001)
Red wines confer extra benefit when it comes to preventing coronary heart disease.
Abstract: Statistical evidence of reduced coronary heart disease in areas of high wine consumption has led to the widespread belief that wine affords a protective effect1,2. Although moderate drinking of any alcohol helps to reduce the incidence of coronary heart disease3,4, there is no clear evidence that red wine confers an additional benefit5. Here we show that red wines strongly inhibit the synthesis of endothelin-1, a vasoactive peptide that is crucial in the development of coronary atherosclerosis6. Our findings indicate that components specific to red wine may help to prevent coronary heart disease.
30.11.2006
Man muss nur das Richtige trinken
Alt werden mit Chateau Polyphenol? Das Département Gers im Süden Frankreichs war hierzulande bisher nur dafür bekannt, dass hier der Musketier D’Artagnan seine Jugend verbracht hat. Das könnte anders werden. Denn die Tannat-Rotweinrebe, die in diesem dünn besiedelten Landstrich gekeltert wird, hat eine ganz besondere Eigenschaft: Sie ist ein Lebenselixier. Britischen Forschern war aufgefallen, dass die Menschen in dieser Region – übrigens auch auf Sardinien – besonders alt werden und dabei gern ein Gläschen Rotwein genießen. Jetzt haben sie, wie die Zeitschrift “Nature” berichtet, einen Zusammenhang zwischen der Lebenserwartung und dem Getränk hergestellt. Die entscheidende Rolle bei diesem flüssigen Jungbrunnen spielen die sogenannten Polyphenole – Farb-, Geruchs- und Geschmacksstoffe, von denen wir nie zuvor gehört haben. Wissenschaftliche Publikationen schreiben ihnen wahre Wunderwirkungen zu: Mal beugen sie Zahnfleischentzündungen vor, mal schützen sie vor Sonnenbrand, mal fördern sie das Abnehmen. Und jetzt sollen sie im Rotwein auch den Blutdruck senken! Das Geheimnis dieses besonderen Tropfens lautet: zurück zu den Ursprüngen. Nur wenn der Wein traditionell gekeltert wird, also die Trauben zusammen mit Kernen und den Schalen für drei bis vier Wochen vergoren werden, kommen die Polyphenole zum Tragen. Und in der Tannat-Traube sind besonders viele davon enthalten. Bei der Floskel “Alter Säufer” bekommt das Attribut “Alt” plötzlich eine ganz andere Bedeutung. Auch die Weisheit “Es gibt mehr alte Säufer als alte Ärzte” erscheint in einem völlig anderen Licht. Fragen Sie doch mal den Weinhändler Ihres Vertrauens, ob er einen Chateau Montusoder Bouscassémit vielen Polyphenolen parat hat. Und dann nichts wie ran: Ein Viertelliter pro Tag soll bereits den Blutdruck senken. Ihre Familie und Ihr Arbeitgeber werden es Ihnen danken, wenn Sie beschwingt zu Werke gehen. Ach ja: Auch der Verfasser dieser Zeilen träumt gerade von einem schönen Glas Rotwein. Wie sagte doch der große Schweizer Dichter Gottfried Keller: “Manchmal habe ich so das Gefühl, eine Pulle Wein sei mehr wert als die ganze Dichterei . . .”
30.11.2006
Mit Rotwein lebt man gesünder
Französischer Rotwein beugt der Arterienverkalkung vor. Traditionell gekelterter französischer Rotwein senkt den Blutdruck sehr effektiv und beugt damit der Arterienverkalkung vor. Das berichtet eine Gruppe um Roger Corder von der Queen Mary Universität in London im Journal „Nature“ (Bd. 444, S. 566). Hoher Blutdruck schädigt die Innenwand der Arterien und ist einer der Risikofaktoren für Arterienverkalkung. Wissenschaftler führen diesen Effekt auf die sogenannten Polyphenole zurück. Zu diesen Substanzen gehören unter anderem Gerb- und Farbstoffe, die auch zum Geschmack des Weins beitragen. Die britischen Forscher haben nun jene Polyphenole identifiziert, die für den Schutz der Arterien verantwortlich sind. Es handle sich dabei um so genannte Procyanidine, die bis zu 50 Prozent aller im Wein enthaltenen Polyphenole ausmachen. Die Forscher wiesen in Laborversuchen nach, daß die Procyanidine die Herstellung eines gefäßverengenden Eiweißes, des Endothelin-1, unterdrücken. Die genaue Wirkweise der Substanzen im Körper müsse nun im Detail untersucht werden. Corder errechnete aber, daß pro Tag ein Viertelliter eines Weins mit viel Procyanidin bereits den Blutdruck senke. Älter werden mit hoher Procyanidin-Konzentration Im nächsten Schritt prüften Corder und seine Kollegen, ob der Wein seine schützende Wirkung auch außerhalb des Labors entfaltet. Dazu verglichen sie die Procyanidin-Konzentration verschiedener Weinsorten mit dem Lebensalter der Menschen in der Ursprungsregion dieser Weine. Dabei stellte sich heraus, daß Weine aus zwei kleinen Regionen in Südwestfrankreich und in Sardinien bis zu vier Mal mehr Procyanidine enthielten als andere, heißt es in „Nature“. Tatsächlich waren dies auch jene Regionen, in denen die Menschen auffallend alt wurden, berichten die Forscher weiter. Besonders viele Procyanidine sind in Traubenkernen enthalten. Bei der traditionellen Weinherstellung, wie sie in diesen beiden Regionen gepflegt wird, würden die Trauben zusammen mit den Kernen und den Schalen für drei bis vier Wochen vergoren, erklärt Corder. Das ließe genug Zeit für eine vollständige Extraktion der Procyanidine. Moderne Weine hingegen vergärten höchstens eine Woche, wobei der Traubenschale vor allem die Farbe entzogen werde. Zudem sei die in Südfrankreich vorrangig verwendete Traube mit dem Namen Tannat sehr reich an diesen gesundheitsfördernden Substanzen. Die traditionelle Weinherstellung sei aufwendiger und teurer als moderne Verfahren und daher heute wenig verbreitet, ergänzte Corder.
29.11.2006
Studie: Länger leben mit dem richtigen Rotwein
Im Rotwein enthaltene Polyphenole wirken entzündungshemmend und beugen Krebs und Herzerkrankungen vor. Dabei kommt es aber auf die Konzentration an. Hohe Polyphenolanteile haben nur Weine aus ganz bestimmten Regionen, haben Forscher nachgewiesen. Na, denn Prost! Täglich ein paar Gläser Rotwein als lebensverlängernde Maßnahme London – Britische Forscher berichten im Wissenschaftsblatt „Nature“ berichten, dass die Konzentration so genannter Polyphenole im Wein von Anbaugebiet zu Anbaugebiet schwankt. Frühere Studien hatten bereits vor allem Rotwein bei mäßigem Konsum eine Wirkung bei der Vorbeugung von Herzerkrankungen und Durchblutungsstörungen zugeschrieben. Am höchsten ist der Anteil von Polyphenolen in Weinen aus dem südwestfranzösischen Département Gers und aus der Provinz Nuoro auf der italienischen Insel Sardinien. Beide Gegenden sind laut dem Bericht für die Langlebigkeit ihrer Bewohner bekannt. In ihrem Test hätten die Forscher endotheliale Zellen benutzt, die in Arterien zu finden sind, schreibt Robert Corder vom Queen Mary’s William Harvey Research Institute in London. Sie fanden dabei die am stärksten aktive Gruppe aus der Polyphenol-Familie, die Procyanidine genannt werden. In Weinen aus dem Gers und von Sardinien war deren Konzentration teilweise zwischen fünf- und zehnmal höher als in Tropfen aus Anbaugebieten in Australien, Südafrika oder den USA. Das Geheimnis beider Weine liegt laut dem Bericht möglicherweise in ihrer traditionellen Anbau- und Verarbeitungsweise. Diese führe dazu, dass die Procyanidine im größtmöglichen Maße im Rebsaft erhalten blieben, erklärte Corder. Im Département Gers werde für den dortigen Wein zudem fast ausschließlich die eher seltene Tannat-Rebsorte benutzt, die einen hohen Anteil des Stoffes enthalte. „Dies könnte die starke Verbindung zwischen dem Konsum von Tannin-Weinen mit generell guter Gesundheit erklären, die in einer längeren Lebenserwartung zum Ausdruck kommt.“